Die letzte Hospitationswoche in Glasgow begann mit dem Besuch einer Nursery. Dieses Mal keine von der Stadtverwaltung betriebene, sondern eine Einrichtung eines 鈥瀎unded providers鈥.
Nach einer Tour durch die Einrichtung mit einer besonders gro脽en Au脽enfl盲che im Einfamilienhausgebiet berichtete die Nurseryleitung von aktuellen Entwicklungen und stimmte die Besuchszahlen mit den beiden ELC-Kolleginnen ab. Absolutes Highlight bei diesem Besuch war, neben dem selbstgebackenen Kuchen, ein ganz besonderes Element der Au脽enbereichsgestaltung. Kurz vor unserem Besuch hatte die Nursery, begleitet von Presseleuten mit Kameras, einen ausrangierten U-Bahnwagen (in Glasgow 鈥濻ubway鈥 oder wegen der Farbe und Linienf眉hrung 鈥淐lockwork Orange鈥 genannt) erhalten. Dieser wurde auf Schienen in einem Teil der Nurseryau脽enfl盲che abgestellt und zum Spiel- und Essbereich umgestaltet. Bei diesem alten Waggon kamen bei den Glasgower Kolleginnen nostalgische Gef眉hle auf und auch f眉r mich verspr眉hte er mit dem Celtic-Graffiti au脽en und dem Fahrplan auf G盲lisch im Inneren viel Glasgower Authentizit盲t. Celtic ist, neben den Rangers, einer der zwei gro脽en Glasgower
Fu脽ballvereine, von dem man, in klassischer Lokalderby-Manier, nur eine toll finden darf. Und da im ELC-Team nur Celtic die richtige Antwort auf diese Frage ist, passte das Celtic-Graffiti sehr gut dazu.
Nachmittags nahm sich eine weitere ELC-Kollegin Zeit mir das 鈥濻chool Aged Childcare Projekt鈥 zu kl盲ren. Beauftragt von der schottischen Regierung sollte, mit nur einer Hand voll Vorgaben, ein Konzept entwickelt werden, wie Projektgelder zur Unterst眉tzung von Familien mit geringem Einkommen und/oder weiteren Sozialkriterien eingesetzt werden k枚nnen. Konkret geht es darum, dass Betreuungskosten f眉r Kinder im Schulalter au脽erhalb der Regelschuldauer 眉bernommen werden, also z. B. f眉r die Betreuung w盲hrend der Ferienzeiten, vor oder nach der Schule. Dar眉ber soll den Eltern erm枚glicht werden, einer Erwerbst盲tigkeit nachzugehen. Um den konkreten Bedarf abzufragen wurde ein Fragebogen entwickelt, der 眉ber die Schulen und Nurseries an die Eltern verteilt wurde. Mit dessen umfangreichem R眉cklauf konnte eine gute Datenbasis generiert und wertvolle Erkenntnisse zur Bedarfslage gewonnen werden.
Ein weiteres Element dieses Projekts ist die Bereitstellung von Finanzmitteln, um die Aufenthalts- und Spielqualit盲t an Schulen zu verbessern. Dar眉ber k枚nnen beispielsweise neue Spielger盲te angeschafft oder Au脽enfl盲chen ansprechender gestaltet werden.
Glasgow ist eine von sechs Kommunen, die sich als Pilot an diesem Projekt beteiligen. Schwerpunkte und Budget unterscheiden sich zwischen den beteiligten Kommunen und es gibt st盲ndige Evaluationen und Abstimmungen mit der schottischen Regierung als Auftraggeberin.
Jedes Jahr veranstaltet der ELC-Bereich f眉r alle seine Mitarbeitenenden inkl. des Personals der 枚ffentlich betriebenen Nurseries zwei Konferenzen. Ich hatte das Gl眉ck, dass mein Aufenthalt genau in die Zeit fiel, in der eine der beiden Konferenzen stattfand. Das erm枚glichte mir sowohl weitere fachlich-inhaltliche Themen kennenzulernen und bereits Bekanntes zu vertiefen, als auch einen noch besseren Eindruck dar眉ber zu bekommen, wie viele Personen unter Heather im Feld Early Learing and Childcare arbeiten. Unter dem Thema 鈥濸athway to Success: Effective Transition Strategies from Early Years to Secondary鈥 ging es in Fachvortr盲gen und Workshops um gelingende 脺berg盲nge zwischen den verschiedenen Bildungsstadien und die bestm枚gliche Unterst眉tzung von Kindern und ihren Familien in dieser herausfordernden Zeit. Technisch gut ausgestattet war die Verwendung von QR-Codes das Mittel der Wahl, um auf weiterf眉hrende Informationen zu verweisen, aber auch um Feedback zur
Veranstaltung selbst einzuholen.
Neben den spannenden inhaltlichen Eindr眉cken konnte ich mit der Konferenz auch einen Besuch der Glasgow Royal Concert Hall, in der die Veranstaltung durchgef眉hrt wurde, auf meiner pers枚nlichen Erkundungsliste abhaken. Vier Wochen sind einfach viel zu wenig Zeit, um alles zu erleben und zu besuchen, was diese tolle Stadt zu bieten hat.
Um die Umsetzung der schottischen Regelungen und das System der Vorschulbetreuung noch aus einem anderen Blickwinkel kennenzulernen, verbrachte ich in meiner vierten Woche einen Tag in West Dunbartonshire, nordwestlich von Glasgow. Glasgow ist mit 635.000 Einwohner*innen die gr枚脽te Kommune Schottlands, West Dunbartonshire mit 88.000 Menschen eine der kleinsten. Dementsprechend sind die Rahmenbedingungen und Herausforderungen dort auch andere als in Glasgow.
In West Dunbartonshire ist die Anzahl der Nurseries deutlich geringer (30 枚ffentlich betriebene, 11 von 鈥瀎unded providers鈥). Auch die Struktur des Betriebs unterscheidet sich erheblich. W盲hrend in Glasgow die meisten Nurseries alleinstehend betrieben werden, sind sie in West Dunbartonshire 眉berwiegend an eine Schule angegliedert und werden von der dortigen Schulleitung gef眉hrt. Diese Nurseries haben l盲ngere Schlie脽zeiten, das hei脽t, nur sehr wenige sind ganzj盲hrig ge枚ffnet. Mit Einf眉hrung des 1140-Stunden-Programms wurden dort haupts盲chlich mehr Teilzeitpl盲tze im Bestand geschaffen bzw. durch Nutzung von r盲umlichen Kapazit盲ten der in der Regel angegliederten Schule. Das hei脽t, anders als in Glasgow wurden in West Dunbartonshire im Zuge dieser Reform keine neuen Nurseries gebaut.
Der ELC-Bereich in West Dunbartonshire verf眉gt 眉ber eine besonders detailreiche Datensammlung. Die beiden Mitarbeiterinnen nahmen sich viel Zeit mir diesen spannenden Fundus vorzustellen, die Zusammenh盲nge und ihre Interpretationen zu erl盲utern.
Die Offenheit und das Interesse an internationalem Austausch ist mir auch in West Dunbartonshire begegnet. Beim Besuch einer benachbarten Nursery und Schule wurde ich herzlich begr眉脽t und es wurde direkt erw盲hnt, dass ich heute nicht die erste Besucherin aus dem Ausland sei. Am Vormittag war bereits eine Kollegin aus China vor Ort, um sich das schottische (Vor-)Schulsystem anzuschauen.
An meinem letzten Tag im GCC bekam ich weitere Einblicke in die Finanzierung des ELC-Systems und dessen Verwaltung. Ein ausf眉hrliches, geteiltes Ablagesystem und Funktionspostf盲cher sind auch dabei das Mittel der Wahl, um gut strukturiert den 脺berblick 眉ber die zahlreichen Vorg盲nge und Zeitschienen zu behalten.
Zum Abschluss erhielt ich noch, eher aus Zufall, die einmalige Gelegenheit, den goldenen Streitkolben des Glasgower Parlaments in den H盲nden zu halten. Dieser ca. ein Meter gro脽e goldene Streitkolben ist mit zahlreichen bedeutsamen Insignien prunkvoll geschm眉ckt, wie z. B. dem Abbild von St. Mungo, dem Stadtgr眉nder. Zu Beginn jeder Sitzung des Stadtparlaments wird der Streitkolben rituell in den Sitzungssaal gebracht. Er soll die Abgeordneten symbolisch daran erinnern, dass sie vom Volk gew盲hlt sind und dieses im City Council vertreten. Erst dann darf die Sitzung er枚ffnet werden.
Mein letzter Tag beim GCC endete mit einem gemeinsamen Abschlussessen mit Heather und dem Leitungsteam des ELC-Bereichs. Wir lie脽en die gemeinsame Zeit Revue passieren und sprachen 眉ber all die Erfahrungen und Erkenntnisse der letzten vier Wochen. Au脽erdem lernte ich noch das wichtigste Scots-Wort: 鈥瀌reich鈥. Es steht f眉r nasskaltes, ungem眉tliches Wetter, dass ich w盲hrend meiner vier Wochen im schottischen Herbst allerdings 眉berraschend selten am eigenen Leib erfahren habe.